KUBŌ24 Festival – Bericht

Zum dritten Mal veranstaltete das Zentrum für österreichische und philippinische Kultur und Sprachen (Sentro) das Kunst- und Kulturfestival „KUBŌ24“ am 7. und 8. September 2024 in der VHS Kulturgarage in der Seestadt. Die Kulturabteilung der Stadt Wien MA7, die seit dem ersten KUBŌ und andere Kulturprojekte von uns unterstützt, und Wien 3420 aspern Development AG ermöglichten uns das zweitägige Fest. Es dient der Zusammenarbeit, Partnerschaft und bietet ein Salo-Salo zwischen Organisationen, Gemeinschaften, Freunden, Suchenden und neugierigen Zuschauern der philippinischen Kultur in Österreich und darüber hinaus. Bei dieser Gelegenheit bedanken wir uns recht herzlich für die tatkräftige Unterstützung durch die Mitarbeiter*innen der VHS Kulturgarage. Diese haben einen sehr großen Anteil an dem Erfolg des Festivals beigetragen. Einen besonderen Dank dabei an Herrn Karl Dworschak, Direktor der VHS Donaustadt, der von dem Konzept des Festivals überzeugt war und viele Türen für uns geöffnet hat. Wir danken recht herzlich allen fleißigen Engeln, unseren Künstler*innen, Kooperationspartnern und Sponsoren für den Erfolg, sowie allen Anwesenden für einen emotionalen und dennoch friedvollen Rahmen für ein gemeinsames Feiern.

Im KUBŌ werden Räume geschaffen, um die philippinische Kultur durch Dialog, kreative Zusammenarbeit, künstlerischen Ausdruck und bedeutungsvolle Entdeckungen als globale Familie zu feiern. KUBŌ ist ein Projekt, das den jungen philippinischen Österreichern durch die Kraft von Kunst und Kultur eine Brücke zwischen ihren Wurzeln und ihrem Heimatland errichtet.

Das Thema des Festivals ist im Allgemeinen die „Identität“ der zweiten und dritten Generation der in Europa geborenen Nachkommen philippinischer Migrant*innen. KUBŌ hat sie in das Rampenlicht geholt, deren Kunst, Talente, ihr tägliches Leben und all das, was sie zu dem macht, was sie heute sind und wo sie stehen. Um sie in ihrem Selbstverständnis oder in ihrer Suche zu unterstützen, präsentierte KUBŌ ein reichhaltiges Angebot an Kunst, Kultur und Kulinarik sowie Diskussionen und Workshops. 

In diesem Jahr wurden wieder die jungen Menschen in den Fokus gerückt, mit ihrer Gegenwart und noch mehr mit deren Zukunft. Hierbei ging es um ihr aktuelles Leben, ihre Pläne, ihre Arbeit und ihre Handlungen, mit denen sie ihre eigene Zukunft, die ihrer Umgebung gestalten und was sie den nachfolgenden Generationen hinterlassen wollen. Aus diesem Grund wurde das Thema des Festivals ergänzt mit „Creating Legacy“ – „Vermächtnis schaffen“.

Hierfür wurde sich einerseits mit dem Wort „Vermächtnis“ auseinandergesetzt und andererseits beleuchtet, wie die zweite und dritte Generation dieses mit Leben füllt. Es wurde gezeigt, womit sich die jungen Leute im täglichen Leben beschäftigen und wie sie diese Erfahrungen weitergeben. Zusätzlich wurde geschaut, mit welchen Themen sie sich hier in Österreich oder auch auf den Philippinen beschäftigen, und wie sie sich von der ersten Generation ihrer Eltern abgrenzen, ohne dabei deren Einfluss zu ignorieren. Dies geschah während des Festivals über Workshops, Kunst und kulturellen Beiträgen, neben modernen Tänzen, traditionellen Gewändern, der authentischen philippinischen Kulinarik, Malerei und Zeichnungen der älteren und jüngeren Generation bis hin zu Filmvorführungen, Musikdarbietungen junger Talente und Bands.

2024 wurde der Fokus auf Vorträge und Paneldiskussionen gelegt. Hierfür konnte das Organisationsteam Dr. Roderick Galam, Dozent für Soziologie an der Oxford Brookes University, gewinnen. Die Höhepunkte des jeweiligen Abendprogramms, waren das Konzert von Mark Agpas & Numero 5inco mit ihren neuen Songs in philippinischer Sprache und der Beitrag von Vincent Bueno, dem philippinisch-österreichischen Sänger, Musical-Star und Vertreter Österreichs beim European Song Contest.

Mit knapp 450 Teilnehmer*innen inklusive der Mitwirkenden fand das Festival eine rege Teilnahme. Erfreulich waren zahlreiche Künstler*innen und Expert*innen und Gäste aus Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und aus der Schweiz, sowie viele internationale Gäste im Live-Stream anwesend. Auch Migrantengruppen im Asian Communities in Österreich machten bei unseren Diskussionen mit.

In den zwei Tagen der Veranstaltung präsentierenten wir folgende Workshops:

  • „Creating Our Legacy: An interactive workshop for the Filipino communities“ mit Tara Hawk: Es wurde darüber nachgedacht, welche Bedeutung die philippinische Geschichte heute hat und was für ein Vermächtnis künftigen Generationen hinterlassen werden soll. Filipinos in der Diaspora navigieren durch das reiche Geflecht aus Wissen, Kultur und Weisheit, das überliefert wurde. Viele sind auf der Suche nach Verbindungen zu ihren philippinischen Vorfahren und nach ihrem Platz in der Gegenwart. Aus persönlichen Erfahrungen und Perspektiven der Teilnehmer:innen auf dieses Erbe wurden kreative Ausdrucksformen mit Sprache (gesprochen oder geschrieben), einfacher Bewegung und Musik erkundet.
  • „Creative Music – Beat Empowerment“ mit Kuya G aka Ganove: Es handelte sich um ein Musikprojekt, in welchem Kindern und Jugendlichen die Chance gegeben wurde, sich durch Beats bauen und Musik produzieren selbst zu empowern. Mit der App Koala Sampler (iOS/Android) konnten sie sich darin ausprobieren, Loops und Samples zu erstellen, Instrumente zu spielen, Songs zu schreiben und Auftrittserfahrung zu sammeln.
  • „Mein Leben, (m)ein Gedicht“ poetry on transnational biographies“ mit Lenny Kaye Bugayong: Das Leben schreibt die besten Geschichten – und wir machen daraus ein Gedicht! Dieser Vormittags-Workshop war für KUBO-Teilnehmende, die sich lyrisch mit ihrer transnationalen Identität und Biografie auseinandersetzen wollten. Er bot einen Rahmen zum Erinnern, Erzählen, Erproben und Entdecken, und feierte die vielseitige Erfahrung unserer Community. Beispiele aus der philippinischen Lyrik regten dabei spielerisch zu neuen Erzählweisen an.
  • „Arnis“ mit Alexander Hernandez, Mary Ann Hernandez und Bernhard Pos: Nationalsport der Philippinen. Arnis, auch bekannt als Kali oder Escrima, ist der Nationalsport und die Kampfkunst der Philippinen. Die drei Bezeichnungen sind austauschbare Oberbegriffe für die traditionellen Kampfkünste der Philippinen („Filipino Martial Arts“ oder auch FMA), die den waffenbasierten Kampf mit Stöcken, Messern und anderen Klingenwaffen sowie verschiedenen improvisierten Waffen. Arnis beinhaltet zudem Nahkampf-, Greif- und Waffenentwendungstechniken. Obwohl im Allgemeinen der Schwerpunkt auf die Verwendung von Waffen für diese Kampfkünste gelegt wird, sind auch Techniken ohne Waffen enthalten, einige Systeme der alten Schule lehren gar überhaupt keine Waffen. (Quelle: kwon.at)
  • „Philippinische Lieder“ mit Deborah Tschirch und Ralph De Ocampo: Die Kinder des Sentro Summer Camps lernten zwei philippinische Lieder „Mamang Sorbetero“ und „Saranggola ni Pepe“ und präsentierten diese im Abendprogramm.
  • „Tinikling Volkstanz“ mit Ana Maria Cruz Langer, Jil Luzarraga, Dustin Arellano und Sonia Zerrudo: Hierbei wurde den Kindern der Tanz mit den Bambusstangen gelehrt, welchen sie später auf der Bühne stolz aufführten.
  • „Volleyball – Sport fördert Gemeinschaft“ mit BENG Sportclub Union: Kindern, Jugendlichen und deren Familie wurde die Möglichkeit gegeben, eine Gemeinsamkeit in Sport zu finden, und deren Spaß und die enthusiastische Begeisterung zu verbreiten.

Im Atrium stellte Birgit Axler-Cohnitz ihren partizipatorischen Live-Performance-Act „magpahinga + matulog“ vor, der gleichzeitig zur Rauminstallation wurde. Das Thema „Kulturelle Herkunft und Identität“ ist Schwerpunkt der Arbeit und Mittelpunkt der postmigrantischen künstlerischen Position der deutsch-philippinischen multidisziplinären Künstlerin.

One Way, deren viele Mitglieder extra aus London angereist sind, zeigten ihr Talent durch ihre eigene Choreografie einer Tanzperformance. 4tuneEnergys – eine Gruppe von Mädchen verschiedenen Herkunftsländern, wie aus der Türkei, Indien, und Äthiopien – begeisterten das Publikum mit ihremTinikling und Hip-Hop. Eine sehr persönliche Note zeigte Kathrin Knöpfle in einer emotionalen Tanzperformance. Klassische Stücke wurden von Christopher Tullao dargeboten, der dieses Jahr seine eigene Komposition vorstellte. Kuya G aka Ganove begeisterte das Publikum mit moderner Musik, die sich neben dem Sampling inhaltlich mit aktuellen Themen der philippinischen Diaspora auseinandersetzt und beides miteinander verbindet.

Eine ebenso große Spannweite an Generationen und auch in ihrer Herkunft boten die Ausstellungen im Atrium von Künstlern zwischen Zeichnungen und Malereien. So waren neben lokalen Künstlern auch international bekannte Künstler*innen wie Melissa Peritore und Ejem Alarcon vertreten.

Großen Widerhall fand das dargebotene Filmprojekt „Tracing Mother Lines“ von der deutschen Tänzerin und Regisseurin Kathrin Knöpfle und Team, das sich einerseits mit den Entbehrungen und Entfremdung der ersten Generation und den Folgen auf deren Kinder näher beleuchtete.

Einen anderen Blickwinkel hierfür bot der Kurzfilm „SEAN“. Darin wird tänzerisch das schwierige Verhältnis zwischen Mutter und Sohn dargestellt, das durch die Zerrissenheit zwischen dem Hier und Dort geprägt ist. Darüber tauschten sich nach der Vorführung der in Großbritannien lebende Filmemacher Christopher Reyes und Dr. Camilo C. Antonio aus. Der Film „Tulipa“ vom Produzent Chris Sta Brigida Kopp behandelte wiederum das Leben der philippinischen LGBTQIA+ in Europa und dessen Unterschied zu deren Leben auf den Philippinen.

Viele der Paneldiskussionen drehten sich um das Verhältnis der zweiten und dritten Generation mit dem Heimatland ihrer Eltern, sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch in Bezug auf deren Interessen. Es war spannend zu hören, wie unterschiedlich die Erfahrungen und Sichtweisen in diesem Kontext sind.

So wurde zum Beispiel beim Panel „In solidarity for environmental rights – local and global challenges“ darüber gesprochen, wie europäische Jugendliche für den Umweltschutz auf den Philippinen einsetzen und welche Bedeutung dieser wiederum für Europa hat.

In dem Vortrag und der nachfolgenden Paneldiskussion „The second and third generation’s commitment to support relatives in the Philippines: Quo vadis remittances, Balikbayan Box & Co?“ wurden die für die philippinische Wirtschaft wichtigen Geldtransfers der ersten Generationen vom Standpunkt der jungen Generationen aus betrachtet. Bei „Taking action – the future leaders of the Southeast and East Asian community in diaspora“ wurde gezeigt, wie sich auch innerhalb der asiatischen Diaspora Führungspersönlichkeiten entwickeln und Verantwortung übernehmen können.

Im Panel „Inspiring Stories of Global Filipino Entrepreneurial Success“ wurden erfolgreiche Unternehmer der zweiten und dritten Generation als Beispiele und Vorbilder für andere hervorgehoben.

Auch eine Besonderheit in diesem Jahr neben den verschiedenen kulinarischen Köstlichkeiten und breiten Angebot an Spezialitäten der philippinischen Küche war das „Kamayan“ ― mit der Hand gemeinsam essen und teilen. Das gemeinsame Essen ist seit den präkolonialen Philippinen ein wichtiger Teil der Gesellschaft und erinnerte an die Kindheit der vielen Filipinos, die schon lange in Österreich und Europa ihr Zuhause haben.

Vor allem haben die Kinder ihren Eltern und dem Publikum mit ihren kurz gelernten Darbietungen eine große Freude gemacht. Sie haben einen tollen Tinikling, einen wunderschönen Volkstanz und großartige Tagalog-Lieder präsentiert. Für die Trainer*innen war es eine besondere Inspiration zu sehen, wie die jungen Teilnehmer mit so viel Begeisterung und Stolz die Tagalog-Sprache und traditionelle Spiele innerhalb kürzester Zeit erlernt haben.

KUBŌ ist mehr als nur ein Projekt. Seit dem ersten Kunst- und Kulturfestival im Jahr 2022 hat Sentro bewiesen, dass wir durch Bayanihan, gemeinsam Großes erreichen können. Wir setzen uns für eine multikulturelle Gesellschaft ein, in der die zweite und dritte Generation Teil der europäisch-philippinischen Kultur ist. Dafür brauchen wir Respekt füreinander und Engagement für ein Miteinander.

Das KUBŌ-Festival hat mit seinen Themen eine große Ausstrahlung und einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die philippinische Gemeinschaft in Europa. Daher wird in der Zukunft auch an der Thematik „Kulturelle Identität“ und an der Präsentation der zweiten und dritten Generation aus Europa festgehalten. Dies hat auch die Veranstaltung in diesem Jahr gezeigt, aber auch, dass die unterhaltsame Darbietung deren kultureller Hintergrunds ein wichtiger Faktor für die Reichweite der Veranstaltung vor Ort ist.